Der Kunstwanderweg 24 Stops des Frankfurter Bildhauers Tobias Rehberger verbindet mit 24 Installationen die Kunsthalle Fondation Beyeler mit dem Vitra Campus in Weil am Rhein

24 Mal Kunst, Farbakzente und Gebrauchsgegenstände

Körperliches, geistiges, soziales und psychisches Wohlbefinden macht nach der Definition der Weltgesundheitsorganisation WHO den umfassenden Begriff der Gesundheit aus. Da eigentlich alle diesen gesunden Zustand bevorzugen, hier ein Tipp: All dies kann gestärkt werden mit einer fünf Kilometer langen Wanderung zwischen der Kunsthalle Fondation Beyeler im schweizerischen Riehen und dem Vitra Campus im deutschen Weil am Rhein.

Auf dem "Rehberger-Weg" kann – klar – der Körper durch die Wanderung gestärkt werden. Nimmt man Freunde mit, erlebt man auch soziale Freuden, die Natur und die weiten Ausblicke lassen die Psyche entspannen und schließlich sorgt für die geistige Nahrung der Frankfurter Bildhauer Tobias Rehberger. Seine "24 Stops" geben Anregungen, Kommentare, Hinweise, Farbakzente oder bieten schlicht Gebrauchsgegenstände entlang der Wegstrecke. Egal, ob der Geist bereits an einem der Ausgangspunkte gestärkt wurde, welches wahlweise die Fondation Beyeler im schweizerischen Riehen oder der Vitra Campus im deutschen Weil am Rhein sein kann.

Der Walk beginnt mit einem Glockenschlag. Wie alle "Kunst für draußen" ist die Glocke handwerklich professionell gefertigt. Sie muss was aushalten können, neben Wetter auch ungestüme Menschen. So haben Glockenbauer das Klanginstrument für den Start und das Ende gegossen.

Die Vögel sind ausgeflogen

Wir gehen von der Schweizer Seite los und starten bei der Fondation Beyeler. Wenige Meter nach der Glocke hängen bunte Vogelkäfige zwischen den ehemaligen Remisen des Berower Guts, auf dem sich die Fondation Beyeler mit ihren Kunstschätzen befindet. Erst einmal verwundert es nicht, dass die Käfige leer sind. Es ist ja Kunst! Doch bei näherem Hinsehen fällt auf, dass es auch gar nicht möglich ist, in diesen Käfigen Vögel festzuhalten. All die metallischen Behausungen sind aufgebogen, haben irgendwo ein Loch oder eine Spalte, wodurch das Federvieh leicht entweichen kann.

Entweichen in die Natur, wohin man unmittelbar gelangt, wenn man dem Weg der Kunstarbeiten weiter folgt. Am letzten Zipfel der Gebäude des Anwesens kann ein Wasserspeier deutlich als letzter Stopp vor dem Weg durch die Natur erkannt werden. Er ist an einer Dachrinne angeflanscht und – wie alle Arbeiten – farblich deutlich von der Umgebung abgesetzt.

Alte Funktion, neue Symbolik

Weiter geht es an einer Kuhweide vorbei zu einem Wetterhäuschen. Dies wirkt stilisiert, auch wenn es die volle Funktion erfüllt: Hoch- und Tiefdruck werden durch zwei verschiedene Kugeln symbolisiert, die je nach Luftdruck jeweils mehr oder weniger hervortreten. Die Frau mit Sonnenhut und der Mann mit Regenschirm haben ausgedient…

Farbgebung für Wildbienen

Fünf Bienenhäuser sind nun am Wegesrand auf Pfählen zu entdecken. Auch hier sind keine traditionellen Formen oder Farben zu sehen. Die Funktion der metallenen Behausungen für die aktuell gefährdete Art, wird durch ein mit Löchern versehenes Stück Hartholz gewährleistet, das als Nisthilfe für Wildbienen dient. Die Farben sind an das Augen-Farbspektrum der fleißigen Honigproduzenten angeglichen und folgen daher nur bedingt dem Impetus des Künstlers.

Variationen der Kuckucksuhr: Die Uhrzeiger werden zum Schnabel

Zu den spannendsten oder gleichzeitig auch unscheinbarsten Exponaten gehören die beiden Kuckucksuhren, wovon eine dann als erste Wegmarkung auf deutscher Seite fungiert. Unscheinbar deshalb, weil die große Uhr am Naturbad auf den ersten Blick so gar nichts Besonderes hat: es ist halt eine große Uhr vor einem Freibad. Doch wer das Glück hat, sich zur vollen Stunde diesem Exponat zu nähern, wird Erstaunliches sehen: Egal wie spät es ist, die Uhr dreht sich schnell auf sechs Uhr. Dann werden die beiden sich gegenüber liegenden Zeiger zu Schnäbeln und klappen auf und zu wie ein Kuckuck. So oft wie die Stunde geschlagen hat.

Ein bisschen weiter steht die zweite Kuckucksuhr, hier fährt ein Zylinder – einer von Tobias Rehberger bevorzugten Gestaltungsform – vor und zurück und gibt somit den stilisierten Kuckuck. Auch hier hört und sieht man das Schauspiel nur zur vollen Stunde.

Kunsträume auf Straßen und Garagenwänden

An den beiden folgenden Bodenarbeiten ist zu erkennen, dass die Funktion der Straße vor dem Erhalt des Kunstwerkes gestellt wird. Durch Ausbesserungsarbeiten der Straßenmeisterei werden zwischenzeitlich Narben, Pflaster und Unterbrechungen im Kunstwerk sichtbar.

Auch die Rückseite einer Garage ist durch ein Regenrohr funktional für die Dachentwässerung ausgestattet worden. Tobias Rehberger greift die Röhre auf und installiert – neben einer Grafik – weitere Röhren und Zylinder, die dann aber keine Funktion haben. 

Kunst benutzen, Kunst verschmutzen?

Zwei Mülleimer, die im weiteren Verlauf der Wanderung folgen, lassen ihre Funktion nur schwer erkennen. Und es stellt sich die Frage, ob es wirklich statthaft ist, Müll in ein Kunstwerk zu werfen. Eine Vorstellung, die die meisten doch ihren Unrat in die Tasche stecken lassen, bis endlich ein "wirklicher" Mülleimer auftaucht. Gebrauchskunst spielt hier mit den angelernten Grenzen seiner Betrachter.

Auf einem längeren Wegstück außerhalb der Ortschaften lässt Rehberger der Schönheit der Natur den Vortritt und die Wanderer ohne Exponate laufen. Hilfreich an heißen Tagen ist hier, dass es eine in Formen- und Farbsprache inzwischen als typisch zu betrachtende Dusche als auch einen Wasserspender gibt. Schön und erfrischend!

Straßenlaternen, ein Fernglas und ein Hochsitz geben den Überblick - der Vitra-Campus naht. Vielgestaltige Vogelhäuser weisen den Weg und geben der Natur Unterschlupf.

Mit einem Wummern der zweiten Glocke wird die Kunstwanderung beschlossen. Oder sie geht weiter auf dem Vitra-Campus. Kommt man von der anderen Seite, dann ist noch viel in der Fondation Beyeler zu sehen. Auf alle Fälle gibt es überall nette Cafés, wo man einkehren kann. Wie war das? Körper, Geist, Seele und die sozialen Verbindungen sollen gestärkt sein. So ist’s gesund!

"24 Stops" am Rehberger Weg bietet regelmäßig geführte Spaziergänge und Expertenführungen an: Info